Erzählkugel Walberla
Peter Schwenk
Der akademische Bildhauer Peter Schwenk, geboren 1946 in Planegg bei München, lebt und arbeitet in Maitenbeth bei Mühldorf am Inn. Er besuchte Kirchehrenbach, bevor er mit der Arbeit an seiner Erzählkugel begonnen hat. Ihn interessierte, was für unsere Region rund um die Ehrenbürg typisch ist. Diese Eindrücke, die wir vom Kunst- und Kulturverein Kirchehrenbach ihm in einem „Intensiven“ Wirtshausgespräch mitgeben konnten, hat er in seinem Kunstwerk verarbeitet.
Der Plasmaschneider wird zum Zeichenstift, Motive aus Aluminiumteilen fügen sich zum Ganzen in einer oft witzigen Bildsprache. Etwas Neues entsteht, das mehr ist als die Summe seiner Teile.
So beschreibt es Peter Schwenk selbst: „ Eine Erzählkugel ist eine aus gefundenen oder angefertigten Einzelteilen zusammengefügte Kugelplastik, die im Stile einer Bilderschrift ihre eigene Geschichte erzählt. Durch Drehen oder Umschreiten der Kugel wird der Betrachter immer neue Ein- und Ausblicke gewinnen, neue Entdeckungen machen und somit die Kugel lesend erfahren.“
Nun finden sich in der Kugel rund fünfzig verschiedene Motive, die für das Walberla, die Region um die Ehrenbürg, so der offizielle Name, typisch sind:
Die reichhaltige Tierwelt wird vertreten durch Reh, Wildschwein, Uhu, Eule, Singvögel, Greifvögel, Maus und Fledermaus, Specht und Schmetterling.
Bäume und Blumen stehen für extrem vielfältige Flora, zB 15 verschiedene Orchideenarten kommen hier vor, weltweit einzigartige Habichtskräuter und die Fränkische Mehlbeere.
Freizeitaktivitäten werden durch Wanderer, Kletterer, Radfahrer, Nordic Walker und Gleitschirmflieger symbolisiert.
Kirschen, Äpfel, Birnen, Zwetschgen, Weintrauben stehen für den Obstanbau, der Brennkessel weist auf die Vielzahl der Brennereien rund um den Berg hin.
Besonders angetan war Peter Schwenk von der „Rotflügeligen Schnarrschrecke“, die, wenn sie auffliegt, wie Konfettiregen erscheint und vom „Kirschkernspucker“ mit aufgeblasenen Backen: vor Corona (Covid 19) fanden an den Grundschulen rund um die Ehrenbürg „Kirschkern-Weitspuck-Meisterschaften“ statt.
Auch finden sich die Schriftzüge „Walberla“ und „Ehrenbürg“ in der Kugel. Der Name „Ehrenbürg“ wird das erste mal in einer Urkunde aus dem Jahr 1360 schriftlich erwähnt im Zusammenhang mit der Kapelle, der Heiligen Walburga – auch sie ist als Figur vertreten – geweiht und der dazugehörigen Kirchweih am 1. Mai, heute Walberlafest. Der Name „Walberla“ erscheint erst 1768 in einem Brief Erlanger Studenten. Übrigens: kein „alter“ Kirchehrenbacher sagt Walberla, für sie ist der Berg die „Ehrabörch“.
Hexen und Sterne stehen für die Walburgisnacht, in der Nacht zum 1. Mai treiben hier oben seit Urzeiten „gar greuliche Gestalten“ ihr Unwesen.
Weiter finden sich in der Kugel Burgen, Ruinen und Kirchen aus der Fränkischen Schweiz und auch Bierkrug, Weinglas und Essbesteck als Symbol für die Gastronomie, Kirchweihen und sonstige Feste. Und jedes Dorf ringsherum hat seinen Musikverein, dafür steht die Tuba.
Besonders angetan war Peter Schwenk auch von der Sage der Nonnen auf Walberla und Reifenberg:
Der Legende nach lebten auf den beiden gegenüberliegenden Bergeshöhen Klosterfrauen. Von Bamberg her vernahmen sie jeweils das Läuten der Totenglocken. Dann hielten sie inne und beteten für das Seelenheil der Verstorbenen.
Eine Tages waren die Nonnen mit dem Aufhängen der Wäsche beschäftigt, dazu benötigten sie weder Stütze noch Leine. Sie warfen die Stücke einfach in die Luft, wo sie ohne jede Hilfe einfach hängen blieben.
Da tönte wieder einmal das Bamberger Armesünderglöckchen herüber. „Horch, da wird einer zum Richtplatz geführt“, riefen sich die Nonnen zu. „Er wird’s schon verdient haben“, murmelte da eine, anstatt für den armen Sünder zu beten.
Und Ratsch, da riss mit voller Wucht ein heftiger Windstoß die Wäsche herab – und so oft sie es versuchten, nie mehr hielt die Wäsche in der Luft.
Die Herzenshärte hatte den Zauber zerstört – für immer.
Weitere Informationen zu Peter Schwenk: www.peter-schwenk.de
VITA
1946 geboren in Planegg/München
1964 – 66 Lehre der Mosaikbildnerei an der Franz Mayer’schen Hofkunstanstalt
1966 – 69 Studium der Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste in München, bei Prof. Robert Jacobsen
1975 Preis der Regierung von Oberbayern für den „originellsten Aktiv-Kinderspielplatz von Südbayern“
1978 Gründung des „Künstlerkollektiv Maitenbeth“
1983 Kunstpreis der Stadt Ebersberg
1984 „Risch-ART-Preis“ München
1985 Prinzregent Luitpold – Stipendium
1985 Debutantenpreis des Freistaates Bayern
seit 1985 31 Aluminium-Großplastiken für den öffentlichen und privaten Raum
seit 1995 Aluminiumgußskulpturen
seit 2002 „Roundabout“ – die Kunstkugeln
seit 2010 „Highlights“ – beleuchtete Erzähltürme
seit 2015 „Kugeltürme“
seit 2017 „Neue Arbeiten“